Samstag, 19. Februar 2011

Optimierter Fährbetrieb schlägt Brücke

Die Verkehrssituation im Oberen Mittelrheintal muss zweifellos verbessert werden! Bedauerlich aber ist, dass von Seiten der Regierung und der Behörden wesentliche Lösungsansätze von vornherein verworfen und entweder gar nicht oder nur unzureichend geprüft wurden. Dies trifft insbesondere auf die Fähren im Welterbegebiet zu. Sie sind in ihrer Form einmalig und stellen ein Alleinstellungsmerkmal der Welterbelandschaft dar. Was spricht gegen einen 24-Stunden Fährverkehr bzw. eine starke zeitliche Ausdehnung des Fährverkehrs im Rahmen des Regionalisierung des ÖPNV?

„Das Fährwesen und seine Perspektive im UNESCO-Welterbe Oberes Mittelrheintal“ ist daher auch Titel eines Gutachtens, das im Auftrag des Rheinischen Vereins an der Universität Koblenz erarbeitet worden ist und gestern der Presse vorgestellt wurde.

Gesprächspartner waren:
  • Dr. Norbert Heinen, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz
  • Prof. Dr.-Ing. Hartmut Hofrichter, BUND, Landesverband Rheinland-Pfalz
  • Dr. Gerhard Ermischer, Civilscape
  • Rüdiger Mertens, Deutsche Burgenvereinigung
  • Dr. Holger Rescher, Deutsche Stiftung Denkmalschutz
  • Alexander Fürst zu Sayn-Wittgenstein, Europa Nostra
  • Dr. Reinhard Friedrich, Europäisches Burgeninstitut
  • Volkmar Eidloth, ICOMOS
  • Prof. Dr.-Ing. Helmut Striffler, Rheinkolleg
  • Dipl.-Inf. Elke Greiff-Gossen, Rheinpassagen
  • Andreas Thiemer, Universität Koblenz

Informiert wurde auch über zwei Stellungnahmen der Bürgerinitiative Rheinpassagen, die sich mit dem im Auftrag des Landes verfassten Gutachten der RWTH Aachen unter den Aspekten „Neuberechnung der Fährkosten im Vergleich zu einer Mittelrheinbrücke“ und der „Verkehrlichen Bewertung einer Brücken-, Tunnel- oder Fährverbindung“ beschäftigen.

Fähren lösen Verkehrsprobleme im Tal besser als Brücke


Mittelrhein - Die Verbesserung des Fährverkehrs ist die ökonomisch günstigste Lösung zur Verbesserung der Infrastruktur auf beiden Seiten des Mittelrheines. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Geographischen Instituts der Universität Koblenz. Der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz hatte das Gutachten in Auftrag gegeben. Am Freitag wurde die Expertise im Bopparder Hotel Bellevue der Öffentlichkeit vorgestellt.

Um die Fährverbindung zu optimieren, sollten die leistungsstärksten Fähren in Bingen/Rüdesheim und St. Goar/St. Goarshausen rund um die Uhr verkehren, rät das Gutachten der Uni Koblenz. Die Kauber Fähre könnte täglich 18 Stunden lang hin und her pendeln. Die - so formulierte es Andreas Thiemer von der Uni Koblenz - „nicht für den vollen Einsatz tauglichen“ Fähren in Boppard und Niederheimbach könnten dann wie bisher tagsüber fahren. Ratsam sei es, dass alle fünf Fähren ihre Fahrzeiten aufeinander abstimmen und eine Tarifkooperation bilden, sodass die Fahrscheine für alle Fähren gültig sind. Auch müsste der Fährverkehr mit dem ÖPNV verknüpft werden.

Der Rheinische Verein und zehn weitere Verbände aus den Bereichen Umwelt- und Naturschutz, Kultur-, Landschafts- und Denkmalpflege – darunter auch der BUND, die Deutsche Burgenvereinigung, Civilscape, Europa Nostra, Icomos und die Bürgerinitiative Rheinpassagen – hatten sich im vorigen Jahr zum „Aktionsbündnis Welterbe Oberes Mittelrheintal“ zusammengeschlossen mit dem Ziel, sinnvolle und nachhaltige Alternativen zu der von der Politik favorisierten Brückenlösung aufzuzeigen.Unmittelbarer Anlass für die Gründung war die Reaktion der Landesregierung auf den Beschluss des Unesco-Welterbekomitees bei der Sommertagung in Brasilia. Mainz hatte daraus eine grundsätzliche Freigabe für den Bau einer Bücke abgeleitet. Nach Lesart der Verbände habe die Unesco jedoch erhebliche Zweifel an der Brücke geäußert.

Hart ins Gericht geht das Aktionsbündnis mit dem von der Landesregierung in Auftrag gegebenen Gutachten der TH Aachen, das der Unesco in Brasilia vorgelegt wurde. Dort heißt es, die Brücke sei die wirtschaftlich günstigste Variante zur Lösung der Verkehrsprobleme. Es sei ein Skandal, dass dieses auf fehlerhaften Berechnungen fußende Fazit der TH Aachen dafür gesorgt habe, dass die Unesco den Brückenbau nicht sofort untersagt habe, meinte Alexander Fürst zu Sayn-Wittgenstein, Vorsitzender von Europa Nostra Deutschland, am Freitag im Hotel Bellevue.

Quelle: Rhein-Zeitung 2011-02-18