Pressemitteilung der Bürgerinitiative Rheinpassagen Boppard, 10. März 2016
Bürgerinitiative Rheinpassagen befragt die Parteien zur Verkehrszukunft
Eine Brücke würde die bestehende Verkehrsinfrastruktur am Mittelrhein drastisch verändern. Sie würde nämlich nicht als zusätzliche Rheinquerung etabliert, nein, sie müsste die Aufgaben der Fähren mit übernehmen und den Gesamt-Querungsverkehr am Mittelrhein dann allein bewältigen. Die Fährbetreiber haben bereits öffentlich signalisiert: Ohne Einnahmen aus dem sich dann auf eine Brücke verlagernden Kfz-Verkehr können die Kosten nicht gedeckt werden. Die betriebswirtschaftliche Konsequenz daraus ist die Betriebseinstellung“ sagen sie öffentlich. Damit wird die Verkehrszukunft am Rhein dann auf einen einzigen Standort im 63 Kilometer langen Welterbetal kanalisiert.
Neben der Bürgerinitiative Rheinpassagen stuft auch das landeseigene Gutachten der RWTH Aachen den Vortrag der Fährbetreiber als fundiert ein und schließt Betriebseinstellungen als Folge eines Brückenbaus nicht aus. Klaus Thomas, Sprecher der BI aus Boppard fordert: „Wer eine Brücke baut, der muss den Menschen auch sagen, wie sie zukünftig über den Rhein kommen“. Nach Ansicht der BI muss die sichere Rheinquerung in mindestens der jetzigen Form und Qualität auch in Zukunft gewährleistet sein. „Bereits vorab sind die sich aus einem Brückenbau ergebenden Folgen für die Menschen hier mit einzubeziehen“ fordert die Bürgerinitiative Rheinpassagen. Sie hat deshalb die Parteien, die sich um den Einzug ins Landesparlament von Rheinland-Pfalz bewerben gefragt: „Welche Maßnahmen werden von Ihrer Partei ergriffen werden, um mindestens die derzeitig angebotene Beförderungsqualität auch nach dem Wegfall der Fährbetriebe für die Menschen hier sicherzustellen?“
Bis zum Bau einer Brücke werden noch sehr viele Jahre vergehen, ist sich die Bürgerinitiative sicher. Eine möglicherweise am Rhein durchzuführende Bundesgartenschau im Jahr 2031 soll möglicherweise mit einem Brückenbau verbunden werden. Das ist alles sehr vage. Wird sich der latente Brückengedanke auf die Verkehrsplanungen am Mittelrhein und die erforderlichen Investitionen des Landes auswirken, wollte die Bürgerinitiative deshalb außerdem wissen und hat die Parteien zusätzlich gefragt: „Welche Maßnahmen wird Ihre Partei konkret zur Verbesserung der Verkehrs-Infrastruktur am Mittelrhein durchführen, bis eine Brücke eventuell einmal fertig gestellt ist?“
Dazu die CDU: „Wir gehen davon aus, dass die Fähren so lange in Betrieb bleiben, bis die Brücke fertiggestellt ist. Neben dem Bau der Mittelrheinbrücke müssen wir vor allem den Erhalt und Ausbau der Landesstraßen in den Blick nehmen.“
Die SPD sieht im Bau einer festen Rheinquerung zwischen St. Goar und St. Goarshausen eine wichtige Investition, die „den Bürgerinnen und Bürgern ihren Weg zur Arbeit sowie zu Bekannten und Verwandten wesentlich erleichtert“. Und weiter: „Zur Infrastruktur gehören natürlich nicht nur die entsprechenden Zubringerstraßen bis zur Mittelrheinbrücke, die ertüchtigt werden müssen. Ständige Sanierungsmaßnahmen entlang der vorhandenen Straßen tragen ebenso zur Verbesserung der Infrastruktur am Mittelrhein bei, wie beispielsweise auch die sukzessive Neugestaltung und der Ausbau von Ortsdurchfahrten sowie der Radwegebau entlang des Rheins“.
In Aussicht stellt die SPD, die bisher längeren Fährzeiten der Loreleyfähre zwischen St. Goar und St. Goarshausen bis 24.00 Uhr weiter zu vereinbaren. Der Vertrag zwischen der Fähre und RLP endet am 31. März 2016. Der Bürgerinitiative liegen Informationen darüber vor, dass ein Verlängerungsvertrag bisher nicht bei der Fähre vorliegt. Entsprechend ist der Fahrplan der Fähre ab dem 1. April 2016 auf ein Betriebsende um 21.00 Uhr ausgerichtet.
Bündnis 90/Die Grünen erklären: „Wir lehnen den Bau einer Mittelrheinbrücke ab. Stattdessen streben wir die vollständige Tarifintegration aller vorhandenen Fähren in den Öffentlichen Nahverkehr ein, gleichzeitig sollten Fährzeiten verlängert werden. Damit sichern wir Arbeitsplätze und die lokalen Verkehrsbedürfnisse, auch für den wichtigen Tourismus-Verkehr. Wir halten im Übrigen den Status Weltkulturerbe für gefährdet, wenn im Kerngebiet des UNESCO-Welterbe Oberes Mittelrheintal ein solches Bauwerk entsteht. Einen „Persilschein“ für die derzeit diskutierten Brückenpläne hat ICOMOS, der Internationale Rat für Denkmalpflege, keinesfalls erteilt. Das ist für uns der verkehrspolitisch zielführendere Ansatz - und gleichzeitig kurzfristig umzusetzen - als die Schaffung einer neuen und finanziell sehr aufwändigen Brückeninfrastruktur, deren Unterhaltungskosten jährlich mehrere Millionen Euro kosten werden“.
DIE LINKE sieht den Bau einer neuen Brücke kritisch, weil es bisher keine belastbaren Untersuchungen über Vor- und Nachteile einer neuen Rheinquerung gibt. Sie sieht, dass es zweifellos Vorteile geben wird, aber auch die Nachteile erfasst und bewertet werden müssen. „Grundsätzlich befürworten wir im Zuge der Umsetzung solcher Großprojekte eine ausgiebige Diskussion und die Durchführung eines Volksentscheides in der Region. Das sichert die Berücksichtigung aller Interessen und die Akzeptanz, sofern es zur Realisierung kommt“.
DIE LINKE sieht außerdem in der neuen Brücke, dass der Fährbetrieb weitgehend unrentabel und deshalb für viele Menschen zu einer Verschlechterung der Beförderungsqualität entlang des Rheins führen würde. Sie plädiert deshalb für den Erhalt der bisherigen Fährverbindungen, gegebenenfalls auch mittels öffentlicher Förderung und hält 24stündigen, günstigen oder sogar kostenlosen Fährbetrieb für sehr sinnvoll. „Wir halten eine Brücke am Mittelrhein auch wegen der Folgen für den Tourismus für fragwürdig„ sagt DIE LINKE. Sie sieht das Hauptproblem am Mittelrhein im unerträglichen Bahnlärm. „Mehr Verkehr bedeutet mehr Lärm, das kann nicht im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung sein“.
Stellungnahmen von AfD und FDP wurden nicht abgegeben.
Die Bürgerintiative sieht den Planungswunsch „Mittelrheinbrücke“ als wenig durchdacht an. Sie fordert einen ganzheitlichen verkehrskonzeptionellen Ansatz für das Mittelrhein. „Viele Parteien wollen eine Brücke und niemand redet über die Folgen wie Fährbetriebseinstellungen, teurere Umwegverkehre, zusätzliche Kosten für die Kreise und Kommunen in Millionenhöhe, zukünftig nötige Busverbindungen über den Rhein, Schülerverkehre, Brückensperrung bei Hochwasser, Ausgrenzung nichtmotorisierter Verkehrsteilnehmer, Lärm, Klimaschutz, Verbesserungen bis zur Fertigstellung einer Brücke.“ Das muss alles vorab geklärt sein, erläutert die Bürgerinitiative ihre Position zur zukunftsfähigen Verkehrsgestaltung im Mittelrheintal.
Klaus Thomas, Mario Pott, Otto Schamari - für die Bürgerinitiative Rheinpassagen